Antragsteller: Betreiberin einer Prostitutionsstätte
Antrag: gerichtet auf die Außervollzugsetzung des seit dem 2. Juli 2020 geltenden § 4 Abs. 1 Satz 2 der 7. SARS-CoV-2-EindV, wonach Prostitutionsstätten und Prostitutionsfahrzeuge im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden dürfen.
Entscheidung: Der Antrag hat Erfolg. In der gegenwärtigen Situation stelle die ausnahmslose Schließung der Prostitutionsstätten keine notwendige Schutzmaßnahme i.S.d. Infektionsschutzgesetzes mehr dar. Eine Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) der Betreiber und Prostituierten sei nicht gegeben, befand das Gericht nach einer Abwägung mit dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG).
OVG Sachsen-Anhalt v. 3.9.2020 – 3 R 156/20
Antragsteller: Wursthersteller aus Warendorf
Antrag: gerichtet gegen die Allgemeinverfügung zur Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen in Großbetrieben der Fleischwirtschaft vom 20. Juli 2020 betreffend die generelle Anordnung von Testungen des Personals auf den Covid-19-Erreger in fleischverarbeitenden Betrieben.
Entscheidung: Der Antrag hat Erfolg. Die Gleichsetzung von Schlachthöfen und Zerlegebetrieben mit sonstigen fleischverarbeitenden Betrieben wie demjenigen der Antragstellerin sei nicht gerechtfertigt. Es sei nur ersichtlich, dass lediglich Schlacht- und Zerlegebetriebe sog. Hotspots für ein Infektionsgeschehen gewesen sind, nicht aber Betriebe, die mit demjenigen der Antragstellerin vergleichbar sind.
OVG Münster v. 06.08.2020 – 5 L 596/20
Antragsteller: Betreiberin von Spielhallen in Rheda-Wiedenbrück, Rietberg, Schloß Holte-Stukenbrock und Versmold im Kreis Gütersloh
Antrag: gerichtet auf die vorläufige Außervollzugsetzung CoronaRegioVO vom 23. Juni 2020 bzw. Erlass einer Verfügung, die der Antragstellerin gestattet die Gestattung ihre Spielhallen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf für den Publikumsverkehr unter Beachtung der Bestimmung zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus wieder in Betrieb zu nehmen.
Entscheidung: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg. Die in § 3 Satz 1 Nr. 9 Var. 1 CoronaRegioVO normierte Untersagung des Betriebs von Spielhallen lässt eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Grundrechten auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG möglich erscheinen. Die Verteilung der bestätigten Neuinfektionen variiert innerhalb der kreisangehörigen Städte und Gemeinden erheblich. Nur wenige Neuinfizierungen wurden nach aktuellen Erkenntnissen auch in den im Norden des Kreises Gütersloh gelegenen Städten Borgholzhausen, Werther (Westf.) und Halle (Westf.) festgestellt. Die aktuellen Neuinfektionszahlen lassen nicht erkennen, dass in sämtlichen kreisangehörigen Gemeinden und Städten des Kreises Gütersloh ein Infektionsgeschehen herrscht, das über dasjenige hingeht, das in anderen Regionen Nordrhein-Westfalens derzeit feststellbar ist und in denen der Verordnungsgeber sich auf Schutzmaßnahmen nach Maßgabe der Coronaschutzverordnung vom 1. Juli 2020 (GV. NRW. S. 456b) beschränkt.
OVG NRW, Beschluss v. 06.07.2020 – 13 B 940/20.NE
Antragsteller: Betreiber eines Fitnessstudios
Antrag: gerichtet auf die teilweise Außervollzugsetzung der ThürSARS-CoV-2-MaßnFortentwVO, soweit sie die Schließung des Fitnessstudios des Antragsstellers betrifft. Die angegriffene Norm untersagt vorerst die Öffnung von Fitnessstudios und sieht diese (erst) ab dem 1. Juni 2020 vor.
Entscheidung: Der Antrag hat Erfolg. Auch unter Berücksichtigung der besonderen Risikolage erweist sich die weitere Schließung von Fitnessstudios rechtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit als nicht haltbar. Es bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber der vollständigen Schließung von Fitnessstudios gleich wirksame und effektive mildere Maßnahmen zur Gefahrvermeidung zur Verfügung stehen. Dadurch, dass der Verordnungsgeber eigens für Vereine, Sport- und Freizeiteinrichtungen und -angebote in geschlossenen Räumen Ausnahmevorschriften dahingehend vorsieht, dass eine Öffnung unter strikter Beachtung der Infektionsmaßnahmen möglich ist, erkenne selbiger eigens ein milderes Mittel in Form der Öffnung unter strikter Beachtung der Infektionsmaßnahmen an.
OVG Thüringen, Beschluss v. 22.5.2020 – 3 EN 341/20
Antragsteller: Eigentümer einer Ferienmobile in Südschweden
Antrag: gerichtet gegen Verordnungen des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, soweit darin die Absonderung von Personen angeordnet wird, „allein weil diese aus dem Ausland eingereist sind und ohne dass im Einzelfall aufgrund von Tatsachen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die betreffende Person mit dem Corona Virus infiziert sein könnte.“
Entscheidung: Der Antrag hat Erfolg. Grund: Es fehle bereits an einer erforderlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer derartigen Vorschrift. § 32 IfSG, der auf die Regelungen der §§ 28 bis 31 IfSG verweist, sei nicht einschlägig. § 30 IfSG könne nicht fruchtbar gemacht werden, da im Hinblick auf die weltweiten Fallzahlen, die in Relation zur Weltbevölkerung zu setzen seien, auch bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer ein aus dem Ausland Einreisender nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden könne. Gleichwohl bleibe es dem Antragsgegner unbenommen, durch Rechtsverordnung auf der Grundlage tatsächlich nachvollziehbarer Erkenntnisse Risikogebiete auszuweisen, die die Verhängung einer Quarantäne rechtfertigen. Alternativ könne er aus dem Ausland Einreisenden eine Pflicht zur unverzüglichen Meldung bei den jeweils zuständigen Infektionsschutzbehörden auferlegen.
OVG Niedersachsen v. 11.05.2020 – 13 MN 143/20
Antragsteller: Betreiberin von Warenhäusern im Premiumsegment
Antrag: Vorläufige Außervollzugsetzung von § 2 Abs. 4 und 5 2. BayIfSMV bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag.
Entscheidung: § 2 Abs. 4 und 5 2. BayIfSMV verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Von einer Außervollzugsetzung wird aber angesichts der bestehenden Corona-Notstandslage und der kurzen Geltungsdauer der Vorschrift bis einschließlich 3. Mai 2020 abgesehen. § 2 Abs. 5 Nr. 1 2. BayIfSMV ist so zu verstehen, dass auch Einzelhandelsgeschäfte öffnen dürfen, die ihre Verkaufsfläche auf 800 qm oder weniger reduzieren. Je länger die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie fortbestehen, desto mehr spricht dafür, dass sie der Ermächtigung durch ein besonderes förmliches Bundesgesetz bedürfen.
BayVGH v. 28.4.2020 – 20 NE 20.793
Antragsteller: Betreiberinnen von drei Möbeleinrichtungshäusern
Antrag: gerichtet gegen die Schließungsanordnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art mit mehr als 800m2 gemäß § 5 Abs. 4 S. 1 der Rechtsverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie im Saarland (CPV), vom 30.3.2020, letztmalige Änderung am 16.4.2020, bis ein gegen die genannte Vorschrift eingeleitetes Normenkontrollverfahren abgeschlossen ist.
Entscheidung: Der Antrag ist zulässig und begründet. Die Anwendung des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV unterliegt im Fall der Antragstellerinnen ernsthaften und im Rahmen der vorliegenden Entscheidung letztlich durchgreifenden Bedenken hinsichtlich einer Nichtbeachtung des nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG auf die Antragstellerinnen anwendbaren allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG. Im konkreten Fall der Antragstellerinnen lässt sich ein tragfähiger Grund für die sie nach § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV treffende Betriebsuntersagung im Vergleich zu anderen in dem Katalog des § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV davon generell ausgenommenen Geschäften nicht herleiten.
OVG des Saarlandes v. 27.4.2020 – 2 B 143/20
Antragstellerin: Betreiberin von Warenhäusern im Einzelhandel
Antrag: gerichtet gegen die zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. BayIfSMV) vom 20.04.2020 (§ 2 Abs. 4 und Abs. 5 – Untersagung der Öffnung von Ladengeschäften im Einzelhandel, es sei denn die Verkaufsräume überschreiten keine Fläche von 800m²)
Entscheidung: § 2 Abs. 4 und Abs. 5 sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Die Freistellung von Buchhandlungen ohne Begrenzung der Verkaufsfläche stellt eine sachwidrige Ungleichbehandlung dar. Keine Notwendigkeit für diese Privilegierung. Sachwidrige Ungleichbehandlung durch Ausschluss der Reduzierung der Verkaufsfläche.
BayVGH v. 27.04.2020 – 20 NE 20.793
Antragstellerin: Betreiberin eines Outlet-Centers in Neumünster
Antrag: gerichtet gegen § 6 Abs. 3 der SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung der schleswig-holsteinischen Landesregierung vom 18. April 2020
Entscheidung: Einstweilige Anordnung, dass Outlet-Center nicht schließen müssen. Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da eine sachwidrige Ungleichbehandlung vorliegt. Umsetzung von Schutzmaßnahmen ist auch in einem Outlet-Center möglich. Eine überregionale Anziehungskraft ist nicht gegeben wegen der bestehenden Einreiseverbote. Durch Schließung von Gastronomie und Spielplätzen besteht auch kein „Eventcharakter“.