vorgestellt von Thomas Ax
Die Antragstellerin betreibt bundesweit – auch im Land Hessen – mit mehr als 1.000 Mitarbeiter gastronomische Betriebe, die ausschließlich innerhalb größerer Warenhäuser gelegen sind. Zur Begründung ihres am 17. April 2020 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Antrages trägt sie vor, durch die in der angegriffenen Verordnung enthaltenen Regelungen über die Schließung von Gaststätten sei ihr in den vergangenen vier Wochen ein finanzieller Schaden von insgesamt mehr als vier Millionen Euro entstanden. Die Schließungsanordnung finde in §§ 28 Abs. 1, 32 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz (IfSG) – keine rechtliche Grundlage. Die konkrete Ausgestaltung der Schließungsanordnung verletze in nicht zu rechtfertigender Weise den Gleichheitssatz in Art 3 Abs. 1 GG. Die Außervollzugsetzung der im Normenkontrollverfahren angegriffenen Bestimmungen sei zur Abwehr schwerer finanzieller Nachteile geboten. Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zur vorläufigen Außerkraftsetzung der Bestimmungen über Gaststätten in der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus (CoronaVV HE 4), die sie im Wege der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO angreift (Hess. VGH – 8 C 1073/20.N -).
Die in der Hauptsache angegriffenen Bestimmungen der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus (CoronaVV HE 4) in der Fassung der Sechsten Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 16. April 2020, gültig ab dem 20. April 2020 (GVBl. S. 262) haben den folgenden Wortlaut:
§ 2
(1) Gaststätten im Sinne des Hessischen Gaststättengesetzes vom 28. März 2012 (GVBl. S. 50), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GVBl. S. 294), Mensen, Hotels, Kantinen, Eisdielen, Eiscafes und andere Gewerbe, dürfen Speisen und Getränke nur zur Abholung oder Lieferung anbieten. Eine Abholung von Speisen und Getränken darf nur erfolgen, wenn
1. sichergestellt ist, dass die Speisen und Getränke ohne Wartezeit zur Verfügung stehen oder die Warteplätze so gestaltet sind, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Abholerinnen und Abholern gewährleistet ist,
2. geeignete Hygienemaßnahmen getroffen und überwacht werden sowie
3. Aushänge zu den erforderlichen Abstands- und Hygienemaßnahmen erfolgen.
Bei Eisdielen, Eiscafes und weiteren Verkaufsstellen, die Speiseeis zum sofortigen Verzehr anbieten, ist sicherzustellen, dass
1. das Speiseeis in nicht essbaren Behältnissen verkauft wird und
2. die Lieferung nicht an öffentliche Plätze, Park- und Grünanlagen oder ähnliche Örtlichkeiten erfolgt.
Der Verzehr von dort erworbenen Speisen und Getränken ist im Umkreis von 50 Metern um die Eisdiele oder das Eiscafe untersagt.
(1a) Abweichend von Abs. 1 Satz 1 können Kantinen für Betriebsangehörige Speisen und Getränke auch zum Verzehr vor Ort anbieten, wenn sichergestellt ist, dass
1. maximal eine Person je angefangener für den Publikumsverkehr zugänglicher Grundfläche von 20 Quadratmetern in die Kantine eingelassen wird und
2. der Sitzabstand mindestens 1,5 Meter beträgt.
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) …
(3) …
Durch die mit Wirkung ab dem 4. Mai 2010 in Kraft tretenden Änderungen der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus erfährt deren § 2 keine inhaltliche Veränderung. Die Gültigkeit der Verordnung wird mit Wirkung ab dem 1. Mai 2020 bis zum Ablauf des 10. Mai 2020 verlängert (§ 5 CoronaVV HE 4 i.d.F von Art. 4 Nr. 3, Art. 7 der Achten Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 27. April 2020; GVBl. S.282).
Die Antragstellerin beantragt, durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO die Schließungsanordnung in § 2 Abs. 1 der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus des Antragsgegners vom 17. März 2020 in der Fassung vom 20. März 2020 bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin vom 17. April 2020 außer Vollzug zu setzen. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Die angegriffene Bestimmung der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus begegne keinen rechtlichen Zweifeln, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten erscheinen ließen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Antragserwiderung vom 27. April 2020.
II.
Der Antrag ist zulässig (dazu A.), jedoch nicht begründet. Die aktuelle Fassung der angegriffenen Verordnung lässt die vorläufige Außervollzugsetzung der Bestimmung in § 2 Abs. 1 CoronaVV HE 4 nicht dringend geboten erscheinen (dazu B.).
A. Der Antrag ist zulässig.
Er ist statthaft, weil die Vierte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 17. März 2020 in der Fassung vom 16. April 2020 als im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 15 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (Hess-AGVwGO) statthafter Gegenstand einer Normenkontrolle vor dem Oberverwaltungsgericht sein kann.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, unmittelbar durch § 2 Abs. 1 CoronaVV HE 4 in ihrem Recht auf freie Berufsausübung und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb verletzt zu sein. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist in der Hauptsache der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO binnen der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.
B. Der Eilantrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Die angegriffene Regelung erweist sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig (I.), noch erfordert eine – bei (unterstellt) offenen Erfolgsaussichten eines Normenkontrollhauptsacheverfahrens vorzunehmende – Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung (II.).
I. Die angegriffene Regelung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht als offensichtlich rechtswidrig.
1. Die Vierte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 13. März 2020 wurde zunächst gemäß § 7 Abs. 1 Verkündungsgesetz am Dienstag, den 17. März 2020 im Wege der Ersatzbekanntmachung und sodann im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Hessen bekannt gemacht (GVBl. I S. 167). Die die Vierte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus ändernden Verordnungen wurden ebenfalls ordnungsgemäß im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemacht (GVBl. S. 206, S. 214 und S. 246). Letztmalig erfuhr die Vierte Verordnung zur Bekämpfung des CoronaVirus durch die “Sechste Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus” vom 16. April 2020 eine Änderung (GVBl. I S. 262).
2. Die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ergibt, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich hinsichtlich § 2 Abs. 1 CoronaVV HE 4 unbegründet sein dürfte.
a) Wie der Senat bereits in anderen Entscheidungen über Normenkontrolleilverfahren gegen die Vierte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus festgestellt hat, ist die Verordnungsermächtigung in § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz (IfSG) – in der zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Fassung, die sie durch das “Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite” vom 27. März 2020 (BGBl. 2020 I S. 587 ff.; BT-Drucks 19/18111) erhalten hat, jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht zu beanstanden. Die Verordnungsermächtigung verletzt insbesondere weder das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG noch den Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und die Bestimmungen der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus finden in § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 eine hinreichende gesetzliche Grundlage (Hess. VGH, Beschlüsse vom 7. April 2020 – 8 B 892/20.N – und vom 8. April 2020 – 8 B 910/20.N, 8 B 913/20.N -, juris). An dieser Einschätzung hält der Senat fest.
b) Auch die Verlängerung der in der Hauptsache angegriffenen Regelungen über den 19. April 2020 hinaus bis (derzeit) zum Ablauf des 10. Mai 2020 begegnet keinen Bedenken. Das Robert-Koch-Institut gibt die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland bislang an COVID-19 Erkrankten mit 1559.119 Personen an, schätzt die Zahl der Genesenen auf ca. 123.500 und nennt 6.288 Todesfälle (Stand: 30. April 2020, 08:50 Uhr; FR-online). Nach seinen Feststellungen war die Reproduktionszahl des Corona-Virus in den vergangenen Wochen gesunken und schwankte in den letzten Tagen um den Wert 1. Stand 29. April 2020 wurde die Ansteckungsrate – nach einer Umstellung der Berechnungsmethode vom sog. Drei-Tage-Mittel auf Vier-Tage-Mittel – nunmehr mit 0,75 angegeben. Im Mittel stecken damit 10 Infizierte 7,5 weitere Personen an, so dass die Zahl der Neuinfektionen leicht sinkt (Stand: 29. April 2020, 00:00, FR-online). Für den Senat ist danach gleichwohl nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber bei der verfassungsrechtlich gebotenen Evaluierung der in der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus (in der bis zum 19. April 2020 gültigen Fassung) enthaltenen Schutzmaßnahmen durch die Sechste Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 16. April 2020 von nicht mehr vertretbaren Tatsachen oder Annahmen ausgegangen ist. Denn bereits bei einer nur minimalen Erhöhung der Reproduktionszahl droht erneut ein exponentieller Anstieg der Zahl der Erkrankten, bei gleichbleibender Reproduktionszahl immerhin ein linearer Anstieg.
c) Der mit der angegriffenen Regelung in § 2 Abs. 1 CoronaVV HE 4 vorgenommene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Bürger ist bei summarischer Prüfung mit höherrangigem Recht – insbesondere mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG – noch vereinbar.
aa) Die mit der Verordnung vorgenommene Schließung der Gaststätten beinhaltet für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit. Dieser ist jedoch durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
(1) Der Eingriff erfolgt zu einem legitimen Zweck, nämlich dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und insbesondere einer Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems.
(2) Die Maßnahme dürfte auch geeignet und notwendig sein, um dieses Ziel zu erreichen. Denn Gaststätten – insbesondere solche, die innerhalb von Warenhäusern angesiedelt sind – laden regelmäßig dazu ein, den Einkaufsbummel zu unterbrechen oder bei einer gemeinsamen Mahlzeit oder einem Imbiss zu beschließen. Sie sind mithin darauf angelegt, die Kunden zum Verweilen in der Gemeinschaft mit anderen zu veranlassen. Das hat zur Folge, dass die Einhaltung der Abstandsregeln, die bei aller Lockerung der Verbote nach den Vorgaben des RKI unbedingt gewahrt werden muss, nicht mehr gewährleistet werden kann (vgl. RKI, Epidemiologisches Bulletin vom 14. April 2020, S. 4: Mund-Nase-Bedeckung im öffentlichen Raum als weitere Komponente zur Reduktion der Übertragungen von COVID-19). Es ist insoweit nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber bei der verfassungsrechtlich gebotenen Evaluierung der in der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus (in der bis zum 19. April gültigen Fassung) enthaltenen Schutzmaßnahmen durch die Sechste Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 16. April 2020 von nicht mehr vertretbaren Tatsachen oder Annahmen ausgegangen wäre und die Grenzen der ihm zuzugestehenden Einschätzungsprärogative überschritten hätte. Jedenfalls sieht der Senat keine Anhaltspunkte für eine willkürliche oder nicht mit dem Ziel der Erhaltung eines leistungsstarken Gesundheitssystems zu vereinbarenden Änderung der CoronaVV HE 4, insbesondere in Anbetracht der momentan schwankenden Reproduktionsrate.
(3) Die Regelung erscheint bei der im Eilverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung auch angemessen, d. h. verhältnismäßig im engeren Sinne. Zwar ist es der Antragstellerin und mit ihr einer Vielzahl anderer Restaurants einstweilen bis zum 10. Mai 2020 unmöglich, ihre Gasträume vollständig zu öffnen und damit ihrer beruflichen Betätigung im bisherigen Umfang nachzugehen. Auf der anderen Seite rechtfertigt der Gesundheitsschutz, insbesondere das Ziel der Verlangsamung der Ausbreitung der hoch infektiösen Viruserkrankung, in der gegenwärtigen Situation einschneidende Maßnahmen wie sie der Antragsgegner vorliegend getroffen hat. Diese werden zwar derzeit vom Verordnungsgeber nach und nach gelockert. Wie oben dargestellt, ist es nach Ansicht von Experten jedoch entscheidend, diese Lockerungen mit Augenmaß durchzuführen, um die durch die bis zum 19. April 2020 erfolgte Schließung der Geschäfte, Schulen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen erzielten Erfolge nicht wieder zunichte zu machen. Hinzu kommt, dass die angegriffene Regelung Teil eines aktuell sehr dynamischen Prozesses ist, bei dem die getroffenen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nahezu täglich neu überdacht und angepasst werden. So ist auch die Verordnung vom 17. März 2020 in ihrer geänderten Form vorerst nur bis zum 10. Mai 2020 befristet, um die Konsequenzen der Lockerungen beurteilen und weitere Schritte erwägen und umsetzen zu können. Im Übrigen bleibt es auch der Antragstellerin unbenommen, einen Lieferservice anzubieten, wie er nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 CoronaVV HE 4 nach wie vor gestattet ist und/oder auch ihre Räumlichkeiten nach § 2 Abs. 1a CoronaVV HE 4 als Kantine für die Mitarbeiter zu betreiben, die nach der Wiedereröffnung der Warenhäuser zumindest mit einer Fläche bis zu 800 m2 dort ihrer Arbeit nachgehen. Angesichts des nur noch kurzen Geltungszeitraums der Verordnung und des der Antragstellerin – wenn auch mit erheblichen Einschränkungen möglichen – Betriebs der Gaststätten haben ihre Interessen gegenüber überwiegenden öffentlichen Interessen auch jetzt noch zurückzustehen. Denn die angeordnete Maßnahme ist zur Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07 u.a. -, juris Rdnr. 119 m.w.N.), derzeit immer noch notwendig.
bb) Die streitgegenständliche Regelung steht ferner auch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das daraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünstigungen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch sachliche Gründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18 -, juris Rdnr. 94).
Danach erscheint es seuchenrechtlich geboten und damit sachlich gerechtfertigt, auch die in den Warenhäusern gelegenen Gastronomiebetriebe für den normalen Restaurantbetrieb vorerst weiter geschlossen zu halten. Ihnen stehen die gleichen Außer-Haus-Liefermöglichkeiten wie allen anderen Restaurants und Imbissstuben zur Verfügung. Dass die Organisation in diesen Fällen möglicherweise schwieriger sein dürfte als bei anderen, an der Straße gelegenen Restaurants ist der Ausgestaltung ihrer Gaststätten als sog. “Innengastronomie” geschuldet und damit Konsequenz ihres Geschäftskonzeptes. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Restaurantbetreiber vermag der Senat darin nicht zu sehen (vgl. im Ergebnis ebenso OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22. April 2020 – 2 B 128/20 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 22. April 2020 1 B 109/20 -, oberverwaltunsggericht.bremen.de/aktuelles, Pressemitteilung vom 23. April 2020).
II. Eine bei (unterstellt) offenem Ausgang des Verfahrens vorzunehmende Folgenabwägung käme zu keinem anderen Ergebnis.
Die Abwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem öffentlichen Vollziehungsinteresse erfordert die Betrachtung der Folgen, die einträten, wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte. Diese Auswirkungen sind zu vergleichen mit den Nachteilen, die entstünden, wenn die streitgegenständliche Regelung außer Vollzug gesetzt würde, dem Rechtsbehelf in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre. Bei dieser Abwägung ist in Rechnung zu stellen, ob der Antragstellerin unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung eine Hauptsacheentscheidung nicht mehr in der Lage wäre. Droht im Falle der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten, die durch eine dem Antrag stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte, ist diesem Umstand ein hohes Gewicht beizumessen, dem nur der Schutz herausragend wichtiger Rechtsgüter entgegengesetzt werden kann. Bei dieser Interessenabwägung ist jeweils die Richtigkeit des Vorbringens desjenigen als wahr zu unterstellen, dessen Position gerade betrachtet wird, soweit das jeweilige Vorbringen ausreichend substantiiert und die Unrichtigkeit nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. SchleswigHolsteinisches OVG, Beschluss vom 13. September 1991 – 4 M 125/91 zit. nach juris Rn. 13 f. m. w. N.).
Nach Auffassung des Senats muss hier das grundrechtlich geschützte Interesse der in Warenhäusern gelegenen Restaurants und Gaststätten an einer Öffnung zurückstehen. Insoweit überwiegt – wie bereits ausgeführt – das auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gestützte öffentliche Interesse am Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung vor der weiteren Ausbreitung der hochansteckenden Viruskrankheit und insbesondere am Schutz der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens in Deutschland und des in medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Arztpraxen tätigen Personals vor einer akuten Überlastung. Die Gewährleistung der trotz der derzeit herrschenden Corona-Pandemie bestmöglichen Krankenversorgung stellt ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dar, für dessen Schutz der Staat von Verfassungswegen auch im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu sorgen hat (vgl. ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 3. April 2020 – 2 B 925/20 – m. w. N.). Das gilt umso mehr, als nach Angaben des RKI die strengen Kontaktverbote erste Wirkungen gezeigt hatten (RKI, Epidemiologisches Bulletin Nr. 16/2020 vom 3. April 2020, S. 4 unten), aktuell die Reproduktionszahl jedoch schwankt und keinesfalls kontinuierlich sink (Passauer Neue Presse, 29. April 2020 6.29 – Neuer RKI-Lagebericht: Reproduktionsrate wieder bei 0,9, PNP.de). Bei der Abwägung der Interessen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin finanzielle Hilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes beantragen kann (bundesfinanzministerium.de – Corona-Schutzschild). Bei einer Abwägung der der Antragstellerin drohenden Nachteile als Folgen eines zeitlich eng befristeten Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) mit dem staatlichen Auftrag der Bereitstellung eines effektiven Gesundheitssystems zur Gewährleistung des Grundrechts behandlungsbedürftiger, teilweise lebensbedrohlich erkrankender Personen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG setzt sich der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit durch (so im Ergebnis auch BVerfG, Beschluss vom 10. April 2020 – 1 BvQ 28/20 – juris).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei legt der Senat für die Bemessung des Interesses der Antragstellerin an der Aufhebung der streitgegenständlichen Regelung in § 12Abs. 1 CoronaVV HE 4 ihre Angaben zugrunde, in den vier Wochen der vollständigen Schließung ihrer Restaurants allein in Hessen einen finanziellen Schaden in Höhe von 523.900,00 € erlitten zu haben. Angesichts des sich daraus ergebenden Schadens von etwa 21.800,00 €/Tag (bei 24 Arbeitstagen/Monat) und des Zeitraums, für den die Antragstellerin die Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelung begehrt (von der Antragstellung am 17. April bis 10. Mai 2020) ergibt sich daraus ein Wert von ca. 392.400,00 €. Dieser Betrag ist im Hinblick auf das Begehren einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung nicht zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen abgedruckt in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, Anhang zu § 164 Rdnr. 14).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 G