Aktuelle Rechtsprechung des LSG BaWü

LSG Baden-Württemberg            20.11.2020          L 1 SF 3593/20 RH           19.12.2020

Die (Versorgungs-)behörde ist nicht verpflichtet, vor Stellung eines Ersuchens um richterliche Vernehmung eines Zeugen im Verwaltungsverfahren an das Sozialgericht über die mehrfache Bitte um eine schriftliche Aussage hinaus den zur Auskunft verpflichteten Arzt zu einem Vernehmungstermin bei der Behörde zu laden, um ihn auf diese Weise zu einer Aussage zu veranlassen.

LSG Baden-Württemberg            20.11.2020          L 11 KR 2616/20 ER-B     12.12.2020

Eine Krankenkasse muss sich grundsätzlich an den für das Verwaltungsverfahren nach §13 Abs 3 Satz 1 SGB X bestellten Bevollmächtigten wenden (vgl BSG 26.07.2016, B 4 AS 47/15 R, NJOZ 2017, 683).

Ein Verstoß gegen diese “Kommunikationsverpflichtung” kann der Versicherte nach § 56a Satz 1 SGG nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend machen.

LSG Baden-Württemberg            18.11.2020          L 11 BA 3248/20 ER-B    12.12.2020

Den Geschäftsführern einer GmbH fehlt die Antragsbefugnis für einen ausschließlich im eigenen Namen gestellten Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gegen einen an die GmbH auf der Grundlage von § 28p SGB IV erlassenen Beitragsbescheid.

LSG Baden-Württemberg            10.11.2020          L 4 BA 1107/20 B             14.11.2020

1. Der Senat entscheidet über die Streitwertbeschwerde nicht durch den Berichterstatter allein, wenn die angegriffene Streitwertfestsetzung durch die Kammer mit zwei ehrenamtlichen Richtern im Urteil des Sozialgerichts erfolgt.

2. Bei einem Verfahren, das einen Statusfeststellungsbescheid nach § 7a SGB IV betrifft, ist regelmäßig nur der Auffangstreitwert in Höhe von 5.000 EUR zugrunde zu legen.

LSG Baden-Württemberg            9.11.2020            L 4 P 3250/20 ER-B          14.11.2020

Es besteht kein Anspruch auf Zahlung des Entlastungsbetrags nach § 45b Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 150 Abs. 5 SGB XI in Höhe von monatlich 125 EUR bei Inanspruchnahme von „Haushalt-Corona-Hilfe“ durch Privatpersonen, wenn ein coronabedingter Versorgungsengpass nicht glaubhaft gemacht wird.

LSG Baden-Württemberg            3.11.2020            L 11 KR 2249/20                19.12.2020

Zur Geltendmachung von Ansprüchen iSv § 325 SGB V aF/§ 412 SGB V nF gehört jede Form der Rechtsdurchsetzung, sowohl aktiv als auch passiv und damit nicht nur die Erhebung einer Klage, sondern auch die Aufrechnung.

LSG Baden-Württemberg            3.11.2020            L 11 KR 2819/19                19.12.2020

Dem vom Krankenhausträger geltend gemachten Vergütungsanspruch für eine im Krankenhaus ambulant durchgeführte Portimplantation zur Vorbereitung einer Chemotherapie kann nicht entgegengehalten werden, dass die Portimplantation als vorstationäre Behandlung hätte erbracht werden müssen (wirtschaftliches Alternativverhalten), wenn es an einer Verordnung von Krankenhausbehandlung fehlt.

LSG Baden-Württemberg            21.10.2020          L 7 SO 2772/20 ER-B       12.12.2020

1. Eine alternative subjektive Antragshäufung ist in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren unzulässig. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den alternativ benannten Antragsgegner scheidet aus.

2. Dem Begehren in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf eine vorläufige Zusicherung nach § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis.

3. Zum gewöhnlichen Aufenthalt eines schwerbehinderten und pflegebedürftigen Leistungsberechtigten bei Trennung vom Ehepartner.

LSG Baden-Württemberg            16.10.2020          L 4 BA 732/19     10.11.2020

1. Honorarnotärzte im Bereich der Luftrettung, die an der notärztlichen Versorgung im Luftrettungsdienst teilnehmen und im Rahmen dessen in einem Dienstplan eingeteilt sind und mit dem Hubschrauberpersonal (Pilot und Rettungsassistent) arbeitsteilig zusammenwirken, üben eine abhängige Beschäftigung aus.

2. Zur Organisation der Luftnotrettung in Baden-Württemberg.

3. Zur Anfechtung von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (Drittanfechtungsklage).

LSG Baden-Württemberg            16.10.2020          L 4 KR 2253/19   10.11.2020

Wird während eines laufenden Widerspruchsverfahrens zur Generierung einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ein “neuer” (inhaltsgleicher) Antrag gestellt, stellt sich dieses Verhalten als rechtsmissbräuchlich dar und löst nicht den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V aus. Neues Vorbringen, wonach es zu einer Verschlimmerung gekommen sei, ist in dem laufenden Vorverfahren bzw. vom Widerspruchsausschuss im Hinblick auf den das Widerspruchsverfahren abschließenden Widerspruchsbescheid zu berücksichtigen.

LSG Baden-Württemberg            16.10.2020          L 4 KR 3586/19   4.11.2020

1. Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung sind bei dem die Familienversicherung ausschließenden Gesamteinkommen des Familienangehörigen in Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn vertraglich als Versicherungsfall der Invalidität die Zuerkennung eines Pflegegrades bestimmt ist.

2. § 3 Nr. 1 lit. a EStG kann nicht auf Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung ausgedehnt werden.

3. Eine solche Rentenleistung ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Halbs. 2 SGB V nicht in Höhe des Ertragsanteils, sondern des Zahlbetrages zu berücksichtigen.

LSG Baden-Württemberg            16.10.2020          L 4 KR 438/20     10.11.2020

1. Zur Durchsetzung eines Anspruchs aufgrund eines Schiedsspruchs nach §132a Abs. 2 Satz 6 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung; seither: § 132a Abs. 4 Satz 9 SGB V) steht dem Gläubiger allein die allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zu.

2. Solange der Schiedsspruch noch nicht fertiggestellt ist oder während eines sich daran anschließenden gerichtlichen (Ersetzungs- bzw. Feststellungs-)Verfahrens kann eine betroffene Forderung weder außergerichtlich noch gerichtlich geltend gemacht werden.

3. Die gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs hat zur Folge, dass die Fälligkeit der betroffenen Forderung erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung beginnt (BGH, Urteil vom 04. Juli 2013 – III ZR 52/12). Diese in der zivilgerichtlichen Judikatur entwickelten und von der verwaltungs-rechtlichen Rechtsprechung (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2016 – 5 S 1098/15) übernommenen Grundsätze sind auf Schiedssprüche nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung; seither: § 132a Abs. 4 Satz 9 SGB V) vollumfänglich übertragbar.

LSG Baden-Württemberg            16.10.2020          L 4 KR 813/19     4.11.2020

1. Einer (reinen) Ablehnungsentscheidung der Verwaltungsbehörde kommt keine Dauerwirkung (§ 77 SGG) zu.

2. Bei einer wiederholten (reinen) Ablehnung ohne konkreten Zeitraumbezug liegt kein Fall von § 96 Abs.1 SGG vor, da die (erste) Entscheidung über die Versagung einer Leistung keine weitere (zeitraumbezogene oder sonstige gestalterische) Wirkung hat.

3. Um einen Verstoß gegen das Verbot der doppelten Rechtshängigkeit (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) bei gerichtlichem Angriff des zweiten Ablehnungsbescheids zu vermeiden, ist davon auszugehen, dass bei einer wiederholten (reinen) Ablehnungs-entscheidung ohne Zeitraumbezug zwar kein Fall des § 96 SGG vorliegt, aber eine zeitliche Zäsurwirkung (zur Vermeidung eventueller doppelter Rechtshängigkeit) eintritt.

4. Zur Ausschöpfung von allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen als Voraussetzung einer Versorgung mit Cannabisblüten.

LSG Baden-Württemberg            12.10.2020          L 11 KR 2111/19                14.11.2020

Der Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung umfasste im Jahr 2013 auch eine Plasmapherese (Zusatzentgelt ZE36.02), wenn diese dazu diente, eine barrierefreie Transplantation zu ermöglichen.

LSG Baden-Württemberg            12.10.2020          L 11 KR 3394/19                14.11.2020

Wird ein Bescheid angefochten, mit dem der Erlass einer Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X abgelehnt wurde, ist richtige Klageart die mit der Verpflichtungsklage verbundene Anfechtungsklage (vgl BSG 12.09.2019, B11 AL 19/18R, SozR 4-4300 § 330 Nr. 8). Eine Anhörung nach § 24 SGB X ist nicht erforderlich, wenn Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach einer zunächst nur vorläufigen Festsetzung erstmals endgültig festgesetzt werden.

Die Aufhebung eines Beitragsbescheides nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X kommt nur in Betracht, wenn die festgesetzten Beiträge materiell-rechtlich zu Unrecht erhoben wurden. Der förmlichen Aufhebung einer bestandskräftig gewordenen vorläufigen Beitragsfestsetzung bedarf es nicht, unabhängig davon, ob die Behörde berechtigt war, über die Beitragshöhe durch einstweiligen Verwaltungsakt zu entscheiden. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Einnahmen aus Kapitalvermögen sind den beitragspflichtigen Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten zuzurechnen. Bei der Bemessung des Arbeitseinkommens ist ein Verlustvortrag nach § 10d EStG nicht zu berücksichtigen.

LSG Baden-Württemberg            12.10.2020          L 11 KR 3897/19                14.11.2020

Versicherte der GKV, die an einem Glaukom leiden, haben keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Analyse des Sehnervs mit dem Heidelberg Retina Tomograph (HRT).

LSG Baden-Württemberg            30.9.2020            L 5 KR 1407/18   4.11.2020

1. Der “Kostenbeitrag Beihilfe” nach der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg in Höhe von 22,00 EUR ist von den beitragspflichtigen Bezügen eines freiwillig versicherten Beamten abzuziehen. Entsprechendes gilt bei Bezug des Ruhegehalts.

2. Einkünfte aus Kapitalvermögen eines freiwillig versicherten Beamten sind beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

LSG Baden-Württemberg            23.9.2020            L 3 U 117/19       30.10.2020

Eine Gesamtbelastungsdosis von 1 MNh unterschreitet sowohl den hälftigen Orientierungswert nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell für Frauen von 8,5 MNh als auch den nach den Ergebnissen der “Deutschen Wirbelsäulenstudie-Richtwerteableitung (DWS II)” vorgeschlagenen Schwellenwert von 3 MNh so deutlich, dass das für die BK 2108 erforderliche Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird; medizinischer Ermittlungen zum Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Einwirkungsbelastung und den Bandscheibenerkrankungen bedarf es in diesem Fall nicht.

LSG Baden-Württemberg            23.9.2020            L 3 U 4241/19     30.10.2020

Ob eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich oder unternehmerähnlich zu qualifizieren ist, bestimmt sich danach, ob das Gesamtbild des Vorhabens eine beschäftigungsähnliche oder unternehmerähnliche Tätigkeit ergibt. Weil es auf das Gesamtbild ankommt, führt allein die Verwendung eigenen Werkzeuges durch den Hilfeleistenden nicht ohne weiteres zur Unternehmerähnlichkeit der Unterstützungshandlung. Für das für die Abgrenzung zwischen Unternehmerähnlichkeit und Arbeitnehmerähnlichkeit maßgebliche Gesamtbild ist von besonderer Bedeutung, ob die als Hilfeleistung vereinbarte Tätigkeit Werkvertrags- oder Dienstvertragsähnlichkeit hat. Die Erbringung eines werkvertragstypischen Arbeitserfolges ist regelmäßig nicht geschuldet, wenn der Hilfeleistende nicht allein, sondern mit anderen Personen gemeinsam tätig wird, es sei denn, er übte die Leitungsfunktion aus.

LSG Baden-Württemberg            22.9.2020            L 13 R 2137/17   20.10.2020

Ein Dozent/Lehrbeauftragter, der für ein Unternehmen, das im Weiterbildungs- und Qualifizierungsbereich tätig ist, Lehrveranstaltungen abhält, ist trotz einer vertraglich vereinbarten Weisungsfreiheit und einer tatsächlich gelebten didaktischen Freiheit, auch in Ansehung dessen, dass aus dem Umstand, dass der Bildungsträger den äußeren Ablauf der Lehrveranstaltung bestimmt, nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 – B 12 KR 26/02 R -), jedenfalls dann nicht selbstständig tätig, wenn er für seine Tätigkeit monatlich pauschal entlohnt worden ist und auch im Übrigen keinerlei unternehmerisches Risiko zu tragen hat.

LSG Baden-Württemberg            21.9.2020            L 4 KR 194/20     25.9.2020

Verzichtet ein Rechtsmittelführer bereits in der ersten Instanz auf die Durchführung einer Verhandlung, so ist sein durch Art. 6 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht auf eine mündliche Verhandlung nicht verletzt, wenn das Rechtsmittelgericht nach Anhörung der Beteiligten eine Berufung mangels Erreichens des Beschwerdewertes ohne mündliche Verhandlung gemäß § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss verwirft. Insofern ist auch in diesem Fall eine Entscheidung durch Beschluss statthaft.

LSG Baden-Württemberg            18.8.2020            L 11 EG 4175/19               10.10.2020

Nach § 2 Abs 3 Satz 1 BEEG hat nicht für jeden Bezugsmonat eine gesonderte Berechnung des anzurechnenden Einkommens zu erfolgen. Vielmehr hat die Bildung eines Durchschnittseinkommens im Bezugszeitraum unter Anrechnung bzw Verteilung auf die Monate mit Einkommen zu erfolgen. In die geforderte Durchschnittsberechnung sind Monate, in denen die Bezugsberechtigte zwar (weiterhin) als Syndikusrechtsanwältin zugelassen war, ihre sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Hauptpflichten jedoch während der Elternzeit ruhten, nicht einzubeziehen.

(Die Revision wurde vom Senat zugelassen)

LSG Baden-Württemberg            18.8.2020            L 11 KR 2084/19                3.10.2020

Zur Indikation für die Implantation eines Ereignisrekorders (implantierbarer Loop-Rekorder – ILR) im Jahr 2016.

LSG Baden-Württemberg            18.8.2020            L 11 KR 4229/19                10.10.2020

Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind bei Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Arbeitseinkommen iSd § 15 SGB IV zu werten, wenn die GbR gewerblich tätig ist.

Liegt eine sog Betriebsaufspaltung vor und werden deshalb vom Finanzamt Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken (steuerrechtlich) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gewertet, handelt es sich (sozialversicherungsrechtlich) um Arbeitseinkommen iSd § 15 SGB IV (so bereits Urteil des Senats vom 13.11.2012, L 11 KR 5353/11).

Stellt ein Unternehmen seine werbende Tätigkeit ein, ist die steuerrechtlich vorzunehmende Unterscheidung zwischen einer Betriebsunterbrechung und einer Betriebsaufgabe auch für das Sozialrecht maßgebend.

Solange es an der für die Annahme einer Betriebsaufgabe notwendigen Aufgabeerklärung gegenüber dem Finanzamt fehlt, sind (gewerbliche) Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sozialversicherungsrechtlich als Arbeitseinkommen zu werten.

LSG Baden-Württemberg            18.8.2020            L 11 KR 779/20  10.10.2020

Der Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zählt ebenso zum Gesamteinkommen iSd § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V wie der Zahlbetrag einer Rente aus einer privaten Rentenversicherung.

Der Zuschuss zur privaten Krankenversicherung zählt nicht zum Gesamteinkommen iSd § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V.

LSG Baden-Württemberg            14.8.2020            L 5 BA 1102/18  11.9.2020

Gewichtige Indizien können für die selbstständige Tätigkeit einer im ambulanten Pflegedienst tätigen Altenpflegerin sprechen.

LSG Baden-Württemberg            14.8.2020            L 5 KR 661/19     9.9.2020

Zum Ausschluss der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei in Deutschland fortbestehender Versicherung bei der US-amerikanischen Krankenversicherungsgesellschaft GEHA Inc.

LSG Baden-Württemberg            14.8.2020            L 5 R 3741/18     11.9.2020

Eine tatsächlich ausgezahlte Rente vom rumänischen Sozialversicherungsträger ist auf die deutsche Altersrente anzurechnen, soweit sich die rentenrechtlichen Zeiten überschneiden.

LSG Baden-Württemberg            14.8.2020            L 5 R 4087/18     11.9.2020

Zum (verneinten) Anspruch eines Versicherten, der sein gesamtes Erwerbsleben nicht im Beitrittsgebiet, sondern im übrigen Bundesgebiet verbringt, auf Anwendung der Höherbewertung der Beitragsbemessungsgrundlage nach Anlage 10 des SGB VI und auf Anwendung des Rentenwerts “Ost”.

LSG Baden-Württemberg            13.8.2020            L 11 KR 1639/20 B           14.10.2020

Eine nach Zeitabschnitten gestaffelte Streitwertfestsetzung hat nicht allein deshalb zu erfolgen, weil sich die Gebühren des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren nach unterschiedlichen Werten richten.

In einem solchen Fall kommt der Streitwertfestsetzung des Gerichts keine Bindungswirkung gemäß § 32 Abs. 1 RVG zu.

Für die Festsetzung eines vom Streitwert abweichenden Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit steht den Beteiligten daher das Antragsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG offen.

(Aufgabe von LSG Baden-Württemberg 15.03.2016, L 11 R 5055/15 B)

LSG Baden-Württemberg            13.8.2020            L 11 KR 2139/20 ER-B

10.10.2020

Bei Open-House-Verfahren handelt es sich immer um „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen“ iSv § 305 Abs 1 Satz 1 BGB, denn hierbei verpflichtet sich eine Krankenkasse dazu, mit jedem geeigneten pharmazeutischen Unternehmer, der die vorgegebenen Bedingungen akzeptiert, einen Rabattvertrag nach § 130a Abs 8 SGB V zu einem vorher festgelegten Rabattsatz abzuschließen.

Die in einem Rabattvertrag enthaltene Klausel: “Eine Kündigung durch die AOK kann nur bei Beendigung des Open-House-Verfahrens (für alle oder einzelne Fachgruppen) erfolgen. In diesem Fall kündigt die AOK gleichzeitig gegenüber allen jeweiligen Vertragspartnern in der/den von der Beendigung betroffenen Fachgruppe/n.” ist wirksam.

LSG Baden-Württemberg            10.8.2020            L 4 BA 2513/19

15.8.2020

1. Eine Pflegefachkraft, die in einer Wohneinheit für an Demenz erkrankte Bewohner im Schichtdienst arbeitet, ist aufgrund bestehender Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation abhängig beschäftigt.

2. Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne müssen gewichtige Indizien bestehen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 26 zur stationären Pflegeeinrichtung). Da die Anforderungen an einen ambulanten Leistungserbringer nach § 71 Abs. 1 SGB XI aber mit denen nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI für eine stationäre Pflegeeinrichtung übereinstimmen, muss dieses Regel-Ausnahmeverhältnis unabhängig von der Form der Leistungserbringer (ambulant/stationär) gelten.

LSG Baden-Württemberg            7.8.2020               L 7 AS 1376/20 ER-B

22.8.2020

Bei der Prüfung, ob § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II entgegensteht, hat der Leistungsträger die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit im Rahmen eines nachwirkenden Aufenthaltsrechts nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU selbständig zu prüfen. Er ist insoweit nicht an die Entscheidung der Agentur für Arbeit gebunden, die lediglich die in § 138 Abs. 1 SGB III genannten Voraussetzungen für das Bestehen von Arbeitslosigkeit (Beschäftigungslosigkeit, Eigenbemühungen, Verfügbarkeit) zu bestätigen hat.

LSG Baden-Württemberg            4.8.2020               L 10 SF 466/20 E-B

24.10.2020

1. Die Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) für ein Untätigkeitsklageverfahren ist regelmäßig deutlich unterhalb der Mittelgebühr zu bemessen (hier: doppelte Mindestgebühr)

2. In Fällen des Erlasses des beantragten Verwaltungsakts und anschließender Erledigungserklärung im Untätigkeitsklageverfahren fällt eine (fiktive) Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) nicht an (vgl. Senatsbeschluss vom 02.07.2019, L 10 SF 4254/18 E-B, juris)

LSG Baden-Württemberg            30.7.2020            L 7 R 1807/18

15.8.2020

Zwar vermittelt die Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen nicht ohne weiteres die deutsche Staatsangehörigkeit und schützt einen ausländischen Staatsangehörigen auch nicht schlechthin vor Ausweisung. Mit Rücksicht auf Art. 6 GG genießen ausländische Ehegatten Deutscher jedoch einen weitreichenden aufenthaltsrechtlichen Schutz, so dass auch ohne zukunftsoffenen Aufenthaltsstatus in der Regel ab der Eheschließung der für einen Anspruch auf Anrechnung von Kindererziehungszeiten notwendige gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland vorliegt,

LSG Baden-Württemberg            30.7.2020            L 7 R 2030/19

9.9.2020

1. Eine selbständige Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber iSd § 2 Satz 1 Nr. 9b SGB VI liegt vor, wenn der Selbständige rechtlich (vertraglich) im Wesentlichen an einen Auftraggeber gebunden ist oder tatsächlich (wirtschaftlich) im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig ist. Tätigkeiten in unbedeutendem Umfang für weitere Auftraggeber stehen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI nicht entgegen.

2. Zur Frage des Auftraggebers iSd § 2 Satz 1 Nr. 9b SGB VI eines selbständigen Versicherungsvermittlers, wenn dieser Vertragsbeziehungen sowohl zur Vertriebsgesellschaft als auch zur Versicherungsgesellschaft unterhält.

LSG Baden-Württemberg            29.7.2020            L 3 AL 109/20

15.9.2020

1. Entgeltzahlungen während einer Zeit, in der erkrankungsbedingt keine Arbeitsleistungen erbracht wurden, stellen ebenso wie solche während der Phase einer unwiderruflichen Freistellung (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 30.08.2018 – B 11 AL 15/17 R) Arbeitsentgelt dar und sind als für die Bemessung des Arbeitslosengeldes maßgebendes Entgelt einzubeziehen.

2. Dies gilt auch für eine von einem schweizerischen Arbeitgeber gewährte versicherungspflichtige und vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängige Lohnfortzahlung (Abgrenzung zu aus einer Kollektivtaggeld-Versicherung oder einer Unfall-/Invalidenversicherung gezahlten schweizerischen Versicherungsleistungen in Form von Krankentagegeld oder Tagegeld; vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.11.2019 – L 13 AL 2184/17, Urteil vom 22.07.2016 – L 8 AL 15/16).

LSG Baden-Württemberg            24.7.2020            L 12 SB 2021/19

7.11.2020

Während bei leichteren psychischen Störungen eine nicht stattfindende Therapie ein Hinweis für fehlenden Leidensdruck sein kann, spricht dieser Umstand bei schwereren Störungen eher für fehlende Krankheits- und Behandlungseinsicht. Denn es ist häufig zu beobachten, dass, je schwerer die Störung ist, desto weniger Therapie stattfindet. Ein fehlender Leidensdruck mit Indizwirkung für das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung kann aus der fehlenden psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung in diesem Falle nicht abgeleitet werden.

LSG Baden-Württemberg            22.7.2020            L 5 BA 4158/19

7.8.2020

Ob der Kommanditist einer KG im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mitarbeitet oder ob er in seiner ausgeübten Tätigkeit selbst handelnder Mitunternehmer ist, beurteilt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Für die Abgrenzung kommt es darauf an, ob die Pflicht zur Arbeitsleistung ausschließlich und unmittelbar auf der Verpflichtung als Gesellschafter beruht oder ob der Kommanditist die Leistung gegenüber der Gesellschaft auf Grund eines außergesellschaftsrechtlichen Tatbestands erbringt. Die Vereinbarung einer Vergütung macht einen zusätzlichen Vertragsschluss erforderlich.

LSG Baden-Württemberg            21.7.2020            L 9 AS 3881/19

17.10.2020

1. Zu den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft

2. Zur rückwirkenden Anwendung eines schlüssigen Konzepts ab dem Stichmonat der Datenerhebung

LSG Baden-Württemberg            20.7.2020            L 4 BA 3646/18

15.8.2020

1. Notärzte, die an der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst teilnehmen, die im Rahmen dessen in einen Dienstplan eingeteilt sind und mit den Rettungssanitätern sowie Rettungsassistenten arbeitsteilig zusammenwirken, üben eine abhängige Beschäftigung aus.

2. Dem steht nicht entgegen, dass der dem Kläger übertragene Rettungsdienst ebenso wie die notärztliche Versorgung eine öffentlich-rechtliche Aufgabe darstellt und auf der Grundlage des Rettungsdienstgesetzes Baden-Württemberg, des Rettungsdienstplanes sowie weiteren Vereinbarungen durchgeführt wird und dem Kläger dabei keine ausdrückliche Verpflichtung auferlegt wurde, selbst dafür Sorge zu tragen, dass die benötigten Notärzte bereitstehen.

3. Zur Anfechtung von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (Drittanfechtungsklage).

LSG Baden-Württemberg            16.7.2020            L 10 R 2853/16

24.10.2020

1. Beschäftigte einer Sowchose oder anderer sowjetischer Staatsbetriebe erhielten im Krankheitsfall Krankengeld vom Sozialversicherungsfond und keine Lohnfortzahlung des Arbeitgebers. Dadurch minderte sich die für den abzuführenden kollektiven Versicherungsbeitrag maßgebende Bruttolohnsumme des Betriebes, wenn der Arbeitsausfall nicht anderweitig ausgeglichen wurde. Die diesbezügliche bereits bestehenden Rechtsprechung wird durch das vorgelegte Gutachten des Instituts für Ostrecht bestätigt. Für den Nachweis von Beitragszeiten ist deshalb (auch) der Nachweis in Bezug auf Krankheitszeiten notwendig. Dieser Nachweis kann nicht durch das Arbeitsbuch geführt werden, weil dort nur Anfang und Ende der Beschäftigung dokumentiert sind.

2. Zum Nachweis von Tatsachen durch Angaben des Versicherten.

LSG Baden-Württemberg            16.7.2020            L 10 U 1635/17

24.10.2020

Fehlt es in Bezug auf die begehrte gerichtliche Feststellung (Feststellungsklage) an einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung, ist die Feststellungsklage unzulässig (Aufgabe von LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2013, L 10 U 176/11).

LSG Baden-Württemberg            16.7.2020            L 10 U 2649/19

24.10.2020

Eine die Arbeit (Apfelauflesen) unterbrechende Pause mit einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung (Aufsteigen auf Aufsitzmäher, um mitzufahren) ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer nur geringfügigen Unterbrechung und bei einem Kind auch nicht unter dem Gesichtspunkt des “Spieltriebes” versichert, wenn die schadensstiftende Verrichtung durch die anwesende Mutter verboten wurde.

LSG Baden-Württemberg            14.7.2020            L 11 EG 3655/19

14.10.2020

Wird die Mindestbezugsdauer von Elterngeld von zwei Monaten wegen einer Vollzeittätigkeit im zweiten Bezugsmonat nicht erreicht, kann die Rückforderung für den ersten Bezugsmonat im Einzelfall gleichwohl ausgeschlossen sein. Zur Anwendung von §§ 45, 48 SGB X.

LSG Baden-Württemberg            14.7.2020            L 11 EG 506/20

14.10.2020

Bei mehrmaligem Wechsel eines Abzugsmerkmals im Bemessungszeitraum ist der Elterngeldberechnung dasjenige Merkmal zugrunde zu legen, das in mehr Monaten gegolten hat als jedes andere Merkmal für sich genommen. Die Änderung von Steuerklasse 4 mit Faktor in Steuerklasse 4 ohne Faktor stellt eine Änderung in den Abzugsmerkmalen für Steuern nach § 2e BEEG dar.

LSG Baden-Württemberg            9.7.2020               L 7 BA 1487/19 B

22.7.2020

1. Die öffentliche Zustellung eines Widerspruchsbescheids nach § 85 Abs. 3 Satz 2 SGG i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwZG kommt nur als letztes Mittel unter den einzelnen Zustellarten in Betracht. An die Anordnung einer öffentlichen Zustellung sind strenge Anforderungen zu stellen.

2. Die Behörde hat eine Prüfpflicht bzgl. des Aufenthaltsortes des Adressaten. Liegt zwischen den letzten Ermittlungsbemühungen der Behörde und der Anordnung der öffentlichen Zustellung ein längerer Zeitraum, so muss die Behörde vor Anordnung der öffentlichen Zustellung erneut Nachforschungen zu dem Aufenthaltsort des Adressaten anstellen.

LSG Baden-Württemberg            9.7.2020               L 7 SO 3313/18

7.8.2020

Eine Wohnungserstausstattung ist auch ohne äußere Änderung der Wohnsituation dann zu gewähren, wenn die bisherige Einrichtung aufgrund eines zeitlich eingrenzbaren außergewöhnlichen Umstandes bzw. eines besonderen Ereignisses unvorhergesehen untergeht, der Grund für den Untergang außerhalb eines Abnutzungsverhaltens liegt und eine Ansparung zur Abdeckung des besonderen Bedarfsfalls daher nicht möglich war.

LSG Baden-Württemberg            1.7.2020               L 5 R 1265/18

22.7.2020

Der Senat hält an seiner Rspr., dass bei Depressionserkrankungen erst dann von einer Erwerbsminderung i.S.d § 43 SGB VI ausgegangen werden kann, wenn die depressive Symptomatik einen qualifizierten Verlauf mit unvollständigen Remissionen zeigt, erfolglos ambulante, stationäre und rehabilitative, leitliniengerecht durchgeführte Behandlungsversuche, einschließlich medikamentöser Phasenprophylaxe durchgeführt worden sind und darüber hinaus eine ungünstige Krankheitsbewältigung, eine mangelnde soziale Unterstützung, psychische Komorbiditäten sowie lange Arbeitsunfähigkeitszeiten vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 27.04.2016, – L 5 R 459/15 -, in juris), nicht mehr fest. Die Frage der Behandelbarkeit einer psychischen Erkrankung ist vielmehr für die Frage, ob eine quantitative Leistungsreduzierung tatsächlich vorliegt, nicht heranzuzuziehen, sie ist nur für die Befristung und Dauer einer Rente von Bedeutung. Aus § 43 SGB VI lässt sich keine dahingehende Einschränkung entnehmen, dass die Nichtausschöpfung zumutbarer Behandlungsmaßnahmen zu einem materiell-rechtlichen Ausschluss des Rentenanspruchs führt. Insoweit bestimmt § 103 SGB VI ausdrücklich nur für den Fall, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung absichtlich herbeigeführt worden ist, dass der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (dann) ausgeschlossen ist.

Eine unterbliebene Behandlung führt – ohne Rücksicht auf die Ursachen der Unterlassung – auch nicht dazu, dass vorhandene Gesundheitsstörungen nicht als Krankheit im Rechtssinne anzusehen wären. Dem Rentenversicherungsträger steht es vielmehr offen, in Fallgestaltungen, in denen er eine fehlende adäquate Behandlung sieht, nach § 66 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch vorzugehen und nach erfolglos gebliebener Aufforderung zur Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise zu versagen oder zu entziehen.

LSG Baden-Württemberg            30.6.2020            L 11 BA 1081/19

22.7.2020

Die Tätigkeit als Rennfahrer, Testfahrer und Markenbotschafter für eine GmbH kann auch als selbständige, nicht versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt werden.